Remise, Stall und Gesindehaus

Der 15 m x 10 m große Bau mit einer 3,30 m breiten Torein­fahrt dürfte als Stallgebäude und Remise für den Fahrzeugpark der Villa gedient haben. Von Inneneinbauten, Wandab­trennungen oder Boxeneinteilungen waren keine Spuren mehr zu erkennen. Der Bau war wohl nur mit einem Geschoss versehen. Den links angebauten Wohnbereich könnte der Stallknecht origa oder Fuhrknecht mit seiner Familie bewohnt haben.

links: geschlossener Reisewagen

rechts: Transportwagen


Im Remisenteil waren vor allem Transport‑ und Erntewagen eingestellt. Für die Reisen des Gutsherren oder Pächters dienten einsitzige Reisewagen, für größere Gruppen die geschlossenen Reisewagen. Als Statussymbol gelangten in unserem Raum gelegentlich auch einfache Reisewagen in die Bestattungen reicher Landbesitzer. So fand sich in einem Grab bei einem Landgut zwischen Geinsheim und Gommersheim der als Rekonstruktion abgebildete einsitzige Reisewagen, siehe Zeichnung rechts.

 

Römische Haustiere

Zum wesentlichen Haustierbestand auf einem römischen Gutshof gehörten die hier abgebildeten Tiere.

Die Untersuchungen der verschiedenen Tierarten anhand ihrer erhaltenen Knochen ergaben seit römischer Zeit eine Steigerung der Zuchterfolge. Durch Einkreuzen mediterraner oder gallischer Rassen wurden vor allem Rind und Schwein erheblich größer.

 


Die Lage des Wachenheimer Gutshofes in relativ flachem Gelände mit einem großen Anteil von Aueflächen lässt an einen überwiegenden Anteil von Viehwirtschaft denken. Der antike Gutsbetrieb ließ das Weidevieh auch bei schlechter Witterung im Freien. Nur das Zucht‑, Milch‑ und Jungvieh wurde während des Winters eingestallt. Fleischlieferant war in erster Linie das Rind, gefolgt von Schwein, Schaf und Ziege. Pferd, Esel und Maultier wurden als Reit‑ und Packtiere genutzt, Ochsen als Arbeitstiere bei der Feldbestellung. Den verfeinerten Speisegewohnheiten diente vor allem Geflügel in einem breiten Spektrum.

Gesindehaus in Fachwerktechnik und Kanalheizung

An das Stall‑ und Remisengebäude wurde ein 6,50 x 11 m großer Bau angefügt. Das Mauerwerk war jedoch nicht mit Kalk vermörtelt, sondern einfach in Lehm gesetzt. Darauf kann kaum ein massiver Steinbau gestanden haben. Vielmehr handelt es sich um eine Sockelmauer, auf der ein Fachwerkgebäude errichtet war. Ebenso wie der Fachwerkanbau am östlichen Seitenflügel des Hauptgebäudes besaß dieser Wohnbau eine Fußbodenheizung. Anstelle eines einzelnen Raumes mit Hypokaustunterbau sind hier zwei Räume durch eine Kanalheizung erwärmt worden. Trotz einfacher Bauwei­se mit verzweigten Kanälen zeigen sich, wie Versuche belegen, recht effiziente Heizergebnisse.

Funktion einer Kanalheizung

 

1 Feuerungsgrube

praefurnium

2 Heizkanal

3 Kanalabdeckung

4 Tubulusröhren als Rauchabzug

5 Estrichboden über dem Heizsystem

6 Steinsockel in Lehmbindung

7‑8 Rahmenwerk der Fachwerkkonstruktion

 

Anders als bei der Hypokaustheizung wird die Wärme im Mauerwerk unter dem Fußboden länger gespeichert.

Die notwendigen Rauch­abzüge in den Raumecken unter dem Wandputz sorgten für eine zusätzliche Erwärmung der Wand. Der Heizkanal selbst war mit Steinplatten abgedeckt. Darüber lag ein ca. 10 cm dicker Kalkestrich. Der kleine Hausanbau mit drei Zimmern und rund 50 m' Wohnfläche ist als Gesindehaus genutzt worden. Die komfortable Ausstattung mit einer Fußbodenheizung spricht dafür, dass der Gutsherr großes Interesse am Wohlergehen seiner Bediensteten hatte.


Römische Bautechnik

In der römischen Periode kommt der von keltischen Baumeistern eingeführte Mauerbau zu den geübten Bautechniken hinzu. Bei einfachen Pfostenbauten wurden die Holzpfosten direkt in die Erde eingegraben (Technik B). Vornehmlich in frührömischer Zeit findet sich Technik A mit Ständerbauten in einem Pfosten­gräbchen. Diese Bauweise hat sich nicht lange gehalten. Schon nach 10 bis 20 Jahren waren die Bauten abrissreif. So versuchte man die tragenden Rahmen und Ständer auf Pfostensteinen (Technik C) oder Sockelmäuerchen (Technik D) trocken zu halten. Solche Bauten können mehrere Jahrhunderte überdauern, wie man noch heute an alten Fachwerkhäusern erkennen kann. Die Pfostensteintechnik fand auch hier im römischen Gutshof Anwendung, wie die zahlreichen Sockelsteine zeigen, die hier links aufgestellt sind. Vielfach waren wohl nur kleinere Schuppen oder auch Werkstattbereiche usw. in dieser Weise überbaut.

Die Masse der Gebäude hingegen bestand aus 55‑75 cm breiten Mauern mit zwei Mauerschalen. Ein Kennzeichen römischer Bauten sind die kleinen Quader von maximal 15 cm Höhe, die sorgfältig in durchlaufenden Lagen verbaut wurden. Man muss davon ausgehen, dass die Außenwände mit einem dünnen Putz überzogen waren. Der römische Mörtel bestand aus gelöschtem Kalk. Nur acht Meter westlich des Gesindehauses wurde ein kompletter Kalkofen ausge­graben, der aus Witterungsgründen wieder zugedeckt wer­den musste. An verschiedenen Stellen wurden noch Kalklöschgruben aus der Bauzeit der Villa gefunden.

 

 

A Ständerbau in einem Pfostengräbchen

B Ständerbau in Pfostengruben

C Ständerbau auf Pfostensteinen

D Fachwerktechnik auf einem Lehm‑ oder Steinsockel

E Steinbautechnik mit zweischaliger Mauer




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